2025AbenteuerAsienHighlightsKasachstanLandschaftenRusslandStädte

Über Russland auf die Mangystau Halbinsel im westlichen Kasachstan

Um 6:00 h morgens fahren wir den allerletzten Teil der georgischen Heeresstraße zur Grenze nach Russland: was haben wir (mal wieder 😉) für Horrorgeschichten zu diesem Grenzübergang gehört … Manche Overlander haben wohl über 12 h für diesen Grenzübertritt gebraucht, da durch die Schließung vieler Grenzübergänge wegen dem Ukraine-Konflikt insbesondere der Güterverkehr an dieser Grenze extrem angestiegen ist und die Infrastruktur folglich völlig überlastet ist. Mal wieder haben wir Glück und alles ist halb so wild: in 2,5 h sind wir durch und hätte Shujaa nicht zum Röntgen gemusst, wären wir noch 1 h schneller gewesen. Das klingt jetzt alles ein bisschen unwahrscheinlich, mit all den Geschichten auf Social Media & Co., aber unseres Erachtens kann man mit der richtigen Vorbereitung und dem entsprechenden Verhalten an Grenzen viel, viel Zeit sparen – wenn man das überhaupt will …

Der Metro Großmarkt unweit hinter der Grenze in Vladikawkas ist bestens sortiert… nichts, was es nicht gibt und das alles zu vernünftigen Preisen! Von westlichen Sanktionen merkt zumindest der Konsument nichts. Viele der Autos, auch europäischer Herkunft, sind nagelneu…nach dem ganzen LKW-Verkehr auf der georgischen Heeresstrasse wissen wir jetzt auch, wo sie unter Umgehung westlicher Sanktionen herkommen. Wir fahren durch verschiedene mit etwas zweifelhaftem Ruf versehene autonome Regionen: Nord-Ossetien, Inguschetien, Tschetschenien und Dagestan. Insbesondere auf Tschetschenien mit seiner Hauptstadt Grosny sind wir neugierig und machen einen kurzen, aber sehr intensiven und vor allem überraschenden Stopover.

Grosny ist, nach der fast kompletten Zerstörung in den beiden Bürgerkriegen in den 1990er Jahren, sehr modern und aufwändig wieder aufgebaut worden. Die Grosny Mall braucht keinen Vergleich mit den Pendants in Dubai & Co. scheuen. Fast alle Menschen sind Moslems: Frauen mit sehr schicken Kopftüchern, natürlich von namhaften Designern, und langen Röcken, meist aus Seide, extrem rausgeputzt und größtenteils sehr attraktiv, gut duftend, geschminkt, aufrecht gehend mit Designer-Handtäschchen im Ellbogengelenk. Die Männer sehen mit ihren Bärten eher aus wie in Afghanistan. Die Moschee ist die größte in ganz Russland! Zum Schluss kommt aber das absolute Highlight: Wir gehen gerade zu Shujaa’s Parkplatz zurück, da kommt ein Konvoi von sicher 20 schwarzen gepanzerten Mercedes GLS mit in der Mitte zwei gepanzerten, weißen Rolls Royce. Immer schön doppelt, damit man nicht weiß, wo die relevante Person sitzt. Alle biegen bei unserem Parkplatz in eine Zufahrtsstraße ein und wir erfahren, dass gerade der berüchtigte Präsident Kadyrow an uns vorbeigefahren ist und wir Shujaa quasi vor seinem Regierungssitz geparkt haben. Er gilt als Diktator und extrem kampfeslustig und brutal. Deswegen hat er auch zusätzlich zu seinem Präsidenten-Job in Tschetchenien die Oberbefehlsgewalt aller russischen Truppen im Ukrainekrieg bekommen, nachdem es anfänglich mit der „Spezialoperation“ nicht so lief wie erwünscht. Ich kann Karin gerade noch abhalten die Kamera drauf zu halten. Auf eine Verhaftung in diesem Teil der Welt bin ich nicht scharf.

Bedeutend entspannter ist die Weiterfahrt in die Stadt Astrakhan am weitverzweigten Wolga-Delta am Kaspischen Meer. Wir kaufen günstig Kaviar ein, erkunden den Kreml (ja, auch in Astrakhan gibt es einen solchen… heißt übersetzt nichts anderes als „Burg-Stadt“) und gehen gut essen. Der Ausreise am nächsten Tag nach Kasachstan dauert mit 3,5 h länger als die Einreise… vor allem deswegen, weil wir ewig auf die verantwortliche Person für das russische Exit-Interview warten, der wohl in der Mittagspause ist. Irgendwann kommt er aber angefahren und wir dürfen tatsächlich ausreisen ohne die Fragen wie „was ist unsere Meinung zum Ukraine-Krieg“ etc. zu beantworten. Wieso diese politischen Fragen bei der Aus- und nicht bei der Einreise gestellt werden, verstehen wir nicht so ganz… aber sei es drum. Nach drei Tagen verlassen wir also Russland schon wieder.

Kaum sind wir in Kasachstan (immerhin dem neuntgrössten Land der Welt) und haben das Wolga-Delta verlassen, sehen wir nichts als Steppe, Kamele, Steppe, Wildpferde und wieder Steppe. Abwechslungsreich wird es erst wieder als wir nach vielen eintönigen Kilometern die Mangystau Halbinsel erreichen. Neben dem Vorhandensein riesiger Öllagerstätten im Schelf des Kaspischen Meeres und dem damit verbundenen Reichtum für das ganze Land, sind es vor allem die kreideweißen Cliffs des Ustyurt-Plataus mit seinen pittoresken Bergen von Aqmyschtau, die spektakulären Canyons und Abrisskanten und riesige Nekropolen und Sufi-Höhlen, die diese Gegend ausmachen. Die Pisten, um die weitverzweigten Sehenswürdigkeiten zu erreichen sind nicht minder spektakulär und Shujaa darf seit langem mal wieder zeigen was wirklich in ihm steckt. So lange es trocken ist, macht dies richtig Spaß, aber wehe, wenn es anfängt zu regnen… in kurzer Zeit mutiert alles zu einem riesigen Schlammloch und man bewegt sich mehr vertikal als horizontal voran. Wir hatten diesmal aber Glück und waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort 😉… andere Overlander hatten da so ihre Erlebnisse! Zeitweise fahren wir mit Daphne und Koos zusammen, einem niederländischen Overlanderpärchen, die in einem Mercedes Sprinter unterwegs sind.

Wir haben die riesigen Weiten im so gut wie nicht besiedelten Mangystau mit seiner wirklich spektakulären Landschaft sehr genossen und sind froh, dass wir diesen rund 1.000 km weiten Umweg auf uns genommen haben. Obwohl ja mittlerweile viel gereist, haben wir etwas Vergleichbares noch nicht gesehen.

8 Kommentare

  1. Klasse Danke…Weiterhin gute Fahrt 😎😘

    1. 🙏

  2. Fantastische Bilder und irre Landschaften von einer Gegend, die uns ja wirklich total unbekannt ist. Wie toll, dass Ihr dorthin gereist seid und wir somit auch einen Eindruck davon bekommen. Und superinteressant beschrieben, es ist immer ein Highlight, wenn ein neuer Blog von Euch kommt, und diesmal ganz besonders. Danke Ihr Lieben 🙂

    1. Danke Du Schatz! Unser größter Fan 😉

  3. Wieder mal tolle Bilder, macht Lust auf den Osten. Auch bei uns hat sich eine Schublade geöffnet, war leider die mit Mehl und Zucker 😩.
    Der Kommentar mit den sozialen Medien bzgl Grenzen und Polizei kann ich nur bestätigen. Wie man in den Wald ruft so kommt es zurück! Mit einem Lächeln und ein paar netten Worten sind wir bisher bestens gefahren.

    1. Oh ja, generell haben wir da so unser Problem damit. Wieviel Falschinformationen unterwegs sind und sich Leute deshalb verrückt machen … Schade!

  4. Wirklich sehr beeindruckend. Danke fürs Teilen und weiterhin eine gute Reise.

    1. Vielen Dank!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert