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The Sunshine State: Von Sommer, Freunden, Reglementierungen und Alligatoren

Florida empfängt uns nicht nur mit sommerlichen Temperaturen, sondern auch mit einem ganz anderen Baustil: in St. Augustin, der ältesten Stadt in den U.S.A., ist der spanische Einfluss unverkennbar. Runde und verspielte Torbögen, mehr Stein- als Holzhäuser… wie in einer anderen Welt! Zudem nimmt die Besiedlungsdichte gegenüber der eh schon eng bebauten Ostküste noch stärker zu, je mehr wir uns Mittel- und Südflorida nähern. Wenn gerade keine State Forests (in denen man im Gegensatz zu den National Parks oder State Parks problemlos frei stehen darf) oder Bootsrampen (die sich ebenfalls sehr bewährt haben) in der Nähe sind, müssen wir daher auf für uns ungewohnte Stellplatz-Optionen wie z. B. Parkplätze von Kirchen ausweichen – möglichst aber wegen der Morgenmesse nicht in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Nicht immer ganz so naturverbunden wie gewohnt, aber immerhin gelingt es uns nie einen Walmart-Stellplatz als „letzte Ausweichmöglichkeit“ aufsuchen zu müssen.

Was uns in Florida noch deutlicher als in den bisher bereisten Staaten bewusst wird, ist die Inkonsistenz der Regelungen und des Lebens überhaupt: bei 5.000 USD Strafe wird das Wegwerfen von Müll in der Natur verboten, aber fast jeder Amerikaner lässt sein Motor (teilweise selbst beim Einkaufen) laufen, damit die Klimaanlage die Wohlfühltemperatur halten kann und die Fülle an Doggy Bag Boxen und Kaffeebecher ist unbeschreiblich. Überall stehen No-Overnight Parking- und sonstige Verbotsschilder herum, so dass man häufig mehrere Minuten braucht, um sich zu orientieren, was nun gilt. Aber gut, andere Länder andere Sitten und gerade deswegen reisen wir ja auch…

Und Florida ist teuer….z. B. der Eintritt in das Kennedy Space Center im Cape Canaveral für 75 USD p.P. So wiegen wir ständig ab, zwischen „wir werden wahrscheinlich nie mehr hierhinkommen“ und nehmen es daher mit und „ist es uns das wirklich wert zu diesem Preis und man muss nicht alles machen“.

Wie unschwer zu erkennen, hinterlässt Florida einen ambivalenten Eindruck auf uns. Aber wir lassen uns auch gerne auf den eher ungewohnten Reisestil ein. So genießen wir durchaus das luxuriöse Palm Beach, bestaunen die großen Villen und beobachten die Prachtyachten in Fort Lauterdale.

Es gibt aber auch echte Highlights: Der Besuch bei unseren Freunden Jutta und Mati (die ich schon seit über 30 Jahren kenne) in Key Biscane sowie unserer neuen Reise-Freunde Tini und Peter in Cape Coral. Tolle Gespräche, gutes Essen und bis zu 130 km/h schnelle Speed-Boot Touren (danach ist die Gesichtshaut geglättet und alle Falten sind zumindest temporär verschwunden) versüßen uns den Reisealltag. Karin kann somit sogar ihren Geburtstag mal mit Freunden feiern anstatt nur mit mir alleine, sogar eine Bootsfahrt mit einem „schwimmenden Sofa“, wie es Karin nennt, ist im Tagesprogramm.

Oder auch die Keys mit ihren ewig langen Wasser-Brücken und dem tollen Ort Key West in dem wir die Hemingway Katzen mit sechs Zehen kennenlernen. Wir machen auch eine der schönsten Schnorcheltour seit wir unterwegs sind, was uns richtig erstaunt. Die Korallen sind noch recht hübsch und es gibt viele große Fische. Zu Karins Geburtstag erfülle ich Ihr auch den Traum einmal mit Delfinen zu schwimmen.

In den Everglades finden wir tolle Natur, ein paar nette Pisten für Shujaa und vor allem viele Krokodile. Teilweise direkt auf der Piste in der Sonne liegend und erst kurz vor uns ins Wasser gleitend. Zudem machen wir eine abenteuerliche Kanu Tour am 9-Mile Pond durch ein Labyrinth von kleinen, mangrovendurchsetzten Gewässern sowie eine Kajak Tour entlang der Bay of Florida mit vielen Manatees. Beides tolle Naturerlebnisse.

Leider lernen wir in Miami auch zum ersten Mal die No See Ums kennen, von denen wir schon viel gelesen haben. Winzige Quälgeister, die unter der Lupe auch tatsächlich, wie Moskitos aussehen. Wie immer an sich, seit Jahren, haben wir die Fliegennetze oben und innen etwas Licht an, aber die Winzlinge kommen durch die Netze, so dass wir Hunderte von Stichen abbekommen. Der mitgebrachte Stecker aus Deutschland, den wir eher selten nutzen, bringt jedoch Erleichterung.

Was uns überrascht hat: das extreme Bevölkerungswachstum in Florida und die boomende Wirtschaft. Aus New York, dem Silicon Valley und vor allem natürlich aus Lateinamerika strömen Menschen hierhin zum Leben und zum Business. Die Gegend pulsiert, überall wird gebaut und südlich von Fort Lauderdale wird fast nur noch Spanisch gesprochen. Manchmal versteht man uns in Geschäften auf Englisch gar nicht mehr. Irgendwie fühlen wir uns hier wohler und Erinnerungen an Südamerika werden wieder wach und wir kommen uns nicht mehr wie in den U.S.A. vor.

Was uns wirklich mitgenommen hat, sind die extremen Verwüstungen der diesjährigen Hurrikan Saison. Insbesondere der Hurrikan „Ian“, der vor zwei Monaten an der Golfküste um Fort Meyers herum gewütet hat, hinterließ ein unfassbares Maß an Zerstörung. Stundenlang fahren wir durch Gegenden, die aussehen als wären hier Atombomben explodiert. Auf unserem Speedboot-Ausflug verzichten wir auf einen Bade-Stopp, weil überall noch tote Fische im Wasser treiben, das Wasser eher braun als blau ist und es dementsprechend riecht. Verschiedene Regionen haben immer noch kein Strom und Wasser. Trotz der beeindruckenden Hilfs- und Aufbaufähigkeiten der Amerikaner wird es Jahre dauern bis hier wieder normales Leben möglich sein wird.

Der Abschluss von Florida an dem, als „Big Bend“ bezeichneten, Bogen zwischen dem Pfannenstil und dem Rest-Florida bringt uns wieder die schon vermisste Natur mit menschenleeren Gebieten und schönen Übernachtungsplätzen zurück. Auch die Strände werden wunderschön. Endlich blaues Meer und blütenweiße, sehr feine Sandstrände bescheren uns nochmals tolle Strandtage am Panhandle, dem die schönsten Strände der U.S.A. nachgesagt werden. Die Lage der Strände, senkrecht zu den vom Golf von Mexiko auflaufenden Wellen, führt zu besonders feinem Sand, die Abwesenheit von Flüssen, die dunkles Sedimentgestein ins Meer spülen, sorgt für eine schneeweiße Farbe. Karin ist im Glück und hüpft durch das Wasser.

Florida: definitiv nicht das klassische Overlander Ziel und ein Bundesstaat mit viel Kontrast und Dynamik. Aber gerade das suchen wir zu entdecken und zu verstehen!

4 Kommentare

  1. A different world arround very corner !! 😍🌏 Been to the USA before, but doing it like this must be really a dream 🥰🥰 🍀
    We just came back from our first try out with Hans Schrijen and Nancy in Marokko 🇲🇦 With 7 trucks … We need a holiday now haha 😅
    Merry Christmas 🎄🌟

    1. Hi Sylvia!
      Great to hear you had a good time and need holidays now – so maybe you can follow us … traveling is usually no holiday 😉
      For you as well Merry Christmas!
      Bests
      Karin & Oliver

  2. Wir reisen wie immer gedanklich mit Euch und freuen uns über Eure vielfältigen Erlebnisse und Berichte. Die Fotos sehen sehr sonnig und entspannt aus, nur die Verwüstungen an der Golfküste sind ja wirklich schrecklich :-(. Wir wünschen Euch eine tolle Vorweihnachtswoche und dann ein frohes Fest; wir sind gespannt wo Ihr es verbringen werdet!

    1. Danke Dir! Ursprünglich im Big Bend NP im Süden Texas, aber das haben wir in den letzten Tagen gemacht. Und es war mal wieder wunderschön. Jetzt schauen wir mal, wo wir landen … wir melden uns eh noch …

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