Entspannt vom „Urlaub“ auf den Galapagos Inseln freuen wir uns, wieder mit Shujaa neue Herausforderungen anzugehen. Zunächst geht es entspannt durch den Norden Ecuadors zum bekannten Kunsthandwerksmarkt in Otavalo, wo sich Karin etwas „eindeckt“ und weiter zur Laguna Cuicocha, wo wir eine weitere Lagunenumrundung auf über 3.000 Meter Höhe vornehmen. Nach einem Zwischenstopp beim bekannten Overlander Treffpunkt, der Finca Sommerwind, wo wir mit Overlandern aus zahlreichen Nationen einen netten Grillabend verbringen, hört das entspannte Reisen, welches wir in Ecuador gewohnt waren, jedoch schlagartig auf.
Man hatte uns schon vor dem Grenzübertritt nach Kolumbien berichtet, dass dort mit Wartezeiten von bis zu 8 Stunden zu rechnen ist. Das Problem ist, dass viele Venezolaner auf der Flucht aus ihrem Land Richtung Süden eine bessere, neue Heimat suchen und nicht nur mit Bussen und LKWs sondern teilweise auch vom Roten Kreuz an die Grenze Kolumbien/Ecuador gebracht werden. Wir entscheiden uns dennoch gegen den empfohlenen Grenzübertritt um 3.00 h nachts, sondern kommen – nach einem kurzen Besuch des traumhaften Friedhofs von Tulcan, mit seinen zu Gesichtern und Figuren geschnittenen Thujen – gegen Mittag an die Grenze: das Chaos und die Menschenmassen schockieren uns dennoch – trotz Vorwarnungen. Mir gelingt es mit Verweis auf unsere deutschen Pässe einen ecuadorianischen Grenzer zu überreden uns vorzulassen, ansonsten hätten wir uns nur für die Ausreise an eine etwa 500 Meter lange Schlange stellen müssen (Ein- und Ausreise werden über den gleichen Schalter abgefertigt). Bei der kolumbianischen Migracion habe ich weniger Glück im „Überreden“ und wir investieren – erstmalig auf unserer Reise durch Südamerika – 30 USD um eine Pole-Position in der Warteschlange zu bekommen. Der Zoll geht dafür superschnell, weil so gut wie niemand mit dem Fahrzeug über die Grenze will. Mit knapp drei Stunden Grenzübertritts-Zeit sind wir insgesamt noch gut weggekommen, beschließen aber auf der Rückreise von Kolumbien gen Süden/Ecuador den sehr wenig frequentierten, zweiten Grenzübergang im Amazonas-Tiefland zu nehmen.
Endlich in Kolumbien angekommen stellen wir sehr schnell fest: Kolumbien ist völlig anders.
- Nirgendwo in Südamerika haben wir bisher so offene, positive, interessierte und freundliche Menschen erlebt (sei es Polizei und Militär, das bis an die Zähne bewaffnet ist, oder Männer und Frauen), alle finden unseren Shujaa toll und wollen unbedingt ins Gespräch kommen. Wir werden permanent fotografiert.
- Die Menschen werden wieder deutlich hellhäutiger, weniger indigen und die Frauen sind teilweise sehr hübsch (Typ Jennifer Lopez). Übergewichtig sind dennoch immer noch viele Menschen.
- Nirgendwo in Südamerika haben wir so bunte, blumengeschmückte und blitzsaubere Häuser, Restaurants etc. gesehen. Alles ist viel bunter und pittoresker.
- Nirgendwo in Südamerika sind wir über so viel Berge permanent rauf und runter gefahren – und das auf größtenteils katastrophalen Pisten. Chile, Bolivien, Peru etc. waren auch hoch und hügelig…. Nur dort war man dann irgendwann einmal auf der Hochebene. Hier sind die Höhen-/Temperatur-/Vegetations-Unterschiede, die man innerhalb kürzester Zeit bewältigt, extrem. In 2 Stunden fährt man von 3.500 Meter auf 400 Meter und dann wieder auf 3.200 Meter hinauf. Dies führt, in Kombination mit dem sehr starken LKW Verkehr, dazu, dass man in diesem sehr großen Land kaum vom Fleck kommt und man viel Reisezeit einplanen muss.
- Es gibt unendlich viele Motorräder und viele berittene Pferde auf der Straße. Das macht das Fahren mit Shujaa nicht gerade einfacher. Zum ersten Mal nach 7 Monaten merken wir wirklich die Größe unseres Fahrzeuges.
Wir fahren in den ersten Tagen viel – insbesondere für die hiesigen Straßenverhältnisse – und schauen uns die Sehenswürdigkeiten des Südens an: das Kloster Las Lajas, die von wunderschönen und blumengeschmückten Holzhäusern umgebene Laguna de la Cocha, die koloniale Stadt Propayan, die archäologischen Fundstätten San Augustin (Fels-Statuen und Grabanlagen) und Tierradentro (Grabhöhlen).
Dann geht es weiter gen Norden in die Desierto de la Tatacoa (die Wüste der Klapperschlangen, von denen wir aber keine gesehen haben) mit ihrem trockenen Micro-Klima, umgeben vom tropischen Dschungel. Nirgendwo sind wir soviel, teilweise wirklich üble, Pisten gefahren wir bisher…. Sehr anstrengend und verschiedentlich müssen wir mit unseren Gerätschaften uns den Weg „freischneiden“; wenn man es dann aber geschafft hat, schmeckt das abendliche Bier und der nachfolgende Wein umso besser. Shujaa beindruckt das alles viel weniger als uns und gelassen hüpft er von einem Loch zum nächsten. Dafür entschädigt die Berglandschaft: bunte Blumen und Bäume, von Zeit zu Zeit uns fröhlich zuwinkende Menschen.
Leider müssen wir noch einen Abstecher über Armenia machen, weil der Getac Computer mit all den Navigationsdaten den Geist aufgegeben hat und wir ihn nach Deutschland schicken müssen. Das ist extrem ärgerlich. Auf dem Weg dahin fahren wir durch zwei sehr schmale, aber ausreichend hohe Eisenbahntunnel und eine sehr hohe, aber robuste Eisenbahnbrücke…. Spektakulär und Karin bekommt die Krise als wir mit lautem Poltern über die Brücke fahren. Aber alles geht gut.