2022KanadaLandschaftenNordamerika

Nord-Ost Kanada (Nova Scotia und Neufundland): unsere ersten Erlebnisse auf dem neuen Kontinent

Der Sommer auf Mallorca war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und was haben wir uns schon auf die Kühle in Nord-Ost Kanada gefreut…, aber wie häufig im Leben kommt es anders und wir sind überrascht, Tagestemperaturen von bis zu 30 Grad anzutreffen (allerdings kühlt es nachts angenehm ab) und Regen die Ausnahme ist. Ein Einstieg in unsere nächste Weltreise-Etappe verläuft also ohne große Umstellungen 😉.

Aber der Reihe nach: nirgendwo auf unserer bisherigen Weltreise war die Verschiffung so einfach und unkompliziert wie nach Halifax/Kanada. In 1,5 h haben wir die Verschiffungspapiere von unserem Agenten erhalten, die Zollformalitäten erledigt und Shujaa unversehrt und super sauber (er wurde im Hamburger Hafen nochmals unaufgefordert gewaschen) aus dem Hafen geholt. Wir sind froh, dass wir am Tag der Fahrzeugabgabe in Hamburg nochmals auf ein früheres Schiff umbuchen konnten, so dass Shujaa erstmalig auf unserer Weltreise deutlich vor uns an der Zieldestination eingetroffen ist. Der nachfolgende Lebensmittel Einkauf bei Walmart und die Besichtigung des netten, aber insgesamt eher unspektakulären Halifax dauert kaum länger, gibt uns aber schon einmal ein Gefühl für das sehr hohe Preisniveau in Kanada.

Bald schon sind wir daher unterwegs auf dem sogenannten „Lighthouse-Trail“ in den Südwesten der Provinz Nova Scotia und können dem sonoren, tiefen Brummen von Shujaa’s 12,5 Liter Motörchen lauschen. Das Wetter ist sommerlich warm, es sind noch etliche kanadische Touristen unterwegs und neben zahlreichen Leuchttürmen gibt es viele süße, kleine Dörfchen mit den für Nord-Ost Kanada so typischen, bunten Holzhäusern – und den unfassbar großen, perfekt gemähten Rasenflächen davor. Die Küstenlinie ist abwechslungsreich: mal felsig zerklüftet, mal weite Sandstrände, mal fjordartig verzweigt und an der Bay of Fundy durch den weltweit stärksten Tidenhub von bis zu 16 Metern gezeichnet. Alles sehr schön und nett, aber bisher ohne den großen Wow-Faktor. Außer, dass wir einen Bekannten mit Familie treffen: Aaron, der uns bereits 2016 kontaktiert und uns schon damals nach Nova Scotia eingeladen hat. Einer unser ersten Followern also. Wir kommen so zum ersten Mal in den Genuss der unglaublichen Gastfreundschaft der Kanadier.

Der bekannte und hochgelobte Cabot-Trail im Nord-Osten Nova Scotias ist nicht so atemberaubend, wie alle sagen – allerdings geht in seiner unmittelbaren Nähe die Fähre nach Neufundland ab – und da wollen wir hin, um das einsame und wilde Kanada zu erkunden. Neufundland verspricht vorbeiziehende Eisberge, Elche und Schwarzbären, wilde Felsküsten, verwehte Moore und Hochebenen sowie eine extrem dünne Besiedlung. Mal sehen, was davon wir antreffen …

Nach sieben-stündiger Überfahrt mit der Nachtfähre (leider waren keine Schlafkabinen mehr buchbar) kommen wir etwas gerädert im Süd-Westen der Insel Neufundland an, in der kleinen Ansiedlung Port-Au-Basques. Die nächsten fast drei Wochen fahren wir knapp 3.000 km und sehen weder Elche, noch Schwarzbären, noch vorbeiziehende Eisberge (diese sieht man nur im Frühjahr und Frühsommer), sind aber dennoch sehr begeistert. Das Wetter ist zu unserer großen Überraschung immer noch hochsommerlich warm, so dass wir sogar, in einer geschützten Bucht, in das hier gut 20 Grad warme Wasser springen. Dort lernen wir auch Joe kennen, der nächste Kanadier, der uns mit seiner Liebenswürdigkeit vollkommen überwältigt und wir uns fast wie im Iran fühlen … er bringt uns selbstgeräucherten Schinken, Eiern von seinen Hühnern und selbstgemachte Marmelade vorbei.

Im Gros Morne N.P. machen wir eine spektakuläre Bootsfahrt in einen tief eingeschnittenen Fjord-See, bezwingen den höchsten Berg Neufundlands (mit 820 Meter nicht so ganz extrem hoch, aber man startet auf Meereshöhe und steigt längere Zeit über einen steilen Geröllhang auf) und wandern entlang der tollen Küste.

In der Gegend um Twillingate herum erkunden wir die weitverzweigte Inselwelt (die meisten sind mit Dämmen miteinander verbunden), finden mit Fogo Island eine sehr ursprüngliche  Insel, wo wir mal ein paar Monate nach unserer Weltreise verbringen möchten (immerhin in einer „Liga“ mit Kapstadt, Rio und Kashan) und verbringen eine nette Zeit mit Tini und Peter, die mit ihrem MAN Drei-Achser ebenfalls in Neufundland unterwegs sind. Die vorbeikommenden Kanadier, welche eh schon immer vollauf begeistert sind wegen Shujaa, staunen nicht schlecht als sie gleich zwei dieser Fahrzeuge hoch über den Klippen stehen sehen.

Erst als wir auf die Bonavista und die Avalon Peninsula fahren und dort bezaubernde Leuchttürme, entlang spektakulärer Küstenlandschaften erkunden, enden die sommerlichen Temperaturen und es wird langsam kühler. Tolle einsame Übernachtungsstellplätze an der Küste und an Leuchttürmen erfreuen uns – und wir haben Glück, dass nur einmal Nebel aufzieht und das Nebelhorn unsere Ruhe stört. Am Cape Spear stehen wir am östlichsten Punkt des nordamerikanischen Kontinents und schauen nach Osten nach Europa: Dublin ist deutlich näher als Vancouver. Kanada ist der zweitgrößte Flächenstaat der Welt!

Neufundland hat zweifelsohne unsere Erwartungen übertroffen, weil es unseren Vorstellungen des einsamen und rauen Kanadas weit mehr entspricht als das nette, aber doch sehr zivilisierte und dichter besiedelte Nova-Scotia. Vom Süd-Ost Teil der Insel nehmen wir die 17stündige Nacht-Fähre nach Nova-Scotia zurück. Zufällig schauen wir am Vorabend noch einmal in unsere E-Mails und stellen fest, dass die Fährabfahrt um drei Stunden vorverlegt wurde… wegen Schlechtwetters und einem nahenden Hurrikan, der die ganz Ostküste von Florida aus bis nach Neufundland hochgezogen ist. Die Fähre fährt dann noch einmal eine Stunde früher los als geplant… wer zu pünktlich kommt, hat Pech gehabt… und die nächsten Überfahrten nach Neufundland sind abgesagt. Nachts haben wir bis zu 10 Meter hohe Wellen, können aber dennoch ganz gut in unserer Kabine schlafen. Was für ein Ausklang, und wir sind gespannt was die weiteren Atlantik-Provinzen Kanadas (Prince-Edward Island, New Brunswick und Quebec) so zu bieten haben.

14 Kommentare

  1. Ihr seid wieder unterwegs… und damit können auch wir wieder gedanklich „mitreisen“, worüber wir uns riesig freuen!
    So toll geschrieben, so toll fotografiert …. vielen Dank, Ihr Lieben, und weiterhin gaaaanz viele tolle Eindrücke und Erlebnisse!!

    1. ❤️

  2. Look forward to hearing your reports on your time here in Canada!

  3. ganz großes Kompliment!
    Nicht nur die Reiseberichte mit den wunderbaren Bildern, sondern auch ein so nachdenklicher Artikel über die Geschwindigkeit des Reisens sind wirklich bereichernd. Schön, dass Ihr wieder unterwegs seit.
    Ich freue mich jedesmal, wenn`s etwas neues von Euch gibt.
    Beste Grüße und gehabt Euch Wohl

    Eike

    1. Hi Eike,

      wie lieb von Dir. Das macht uns Mut mit der Arbeit weiterzumachen. Toll, dass Du an den Berichten Freude hast.

      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

  4. Wie schön Euch beide wieder erleben zu dürfen.Danke!

  5. Hallo,
    wir waren schon ganz gespannt auf den ersten Bericht. Super geschrieben und super Fotos.
    Wir wünschen euch tolle Abenteuer in Kanada und schon bald den ersten Bären.

    LG

    1. Hi Jürgen,

      danke Dir, das ist lieb. Mit den Bären dauert es wohl noch ein bisschen. Da werden wir im Westen mehr Erfolg haben, denke ich 😉

      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

  6. Ihr Lieben ,
    wie immer …gut beschrieben mit sehr schönen Bilder ..Danke

  7. Einmal mehr, wunderschöne Bilder! Gute Reise.

  8. Willkommen in Nordamerika! Ein wunderbarer Bericht mit tollen Bildern! Ich habe Eure Berichte vermisst!

    Bin gespannt auf den Nächsten!

    LG

    1. Liebe Jutta,
      danke Dir, und endlich sind wir ja auch auf „Deinem“ Kontinent ;-). Freuen uns schon!
      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

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