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Weiter durch den Osten Kanadas

Nachdem wir noch mit der letzten Fähre, vor Ankunft des heftigsten, jemals dort aufgezeichneten Hurrikans, Neufundland wieder Richtung Nova Scotia verlassen konnten (s. Blogbeitrag davor), befinden wir uns schon wenige Stunden später auf der nächsten Fähre: diesmal nach Prince Edward Island (P.E.I.), der dritten von uns besuchten Provinz im sogenannten „maritimen Kanada“. Der Kontrast zum harten, spärlich besiedelten Neufundland könnte nicht grösser sein: P.E.I. ist lieblich mit sanft geschwungenen Hügeln, das sehr milde Klima erlaubt eine ertragreiche Landwirtschaft und die überall präsente tiefrote Erde erinnert schon fast an die Laterit-Erdstraßen im östlichen Afrika. Zudem gibt es tolle lange Sandstrände und wunderschön gepflegte Gärten vor pittoresken Holzhäusern.

Der Fischfang spielt noch eine wichtige Rolle – trotz der auch hier mittlerweile extrem strikten Fangquoten. Beim Mittagessen in einem authentischen Fischrestaurant bekommen wir zufällig mit, dass ein Fischerboot mit einem über 350 kg schweren Thunfisch bald in den nahegelegenen Hafen einläuft. Wir sind natürlich beim Zerlegen und Waschen dieses Monster-Exemplars dabei und erfahren viel über die gesamten Fang- und Weiterverarbeitungsschritte. Aufgrund der restriktiven Fangquoten (pro Boot dürfen nur 1-2 Fische pro Jahr gefangen werden) wird hier nur noch „High-End Sushi-Qualität“ gefischt. So wird der Thunfisch zur Beruhigung nach Fang, natürlich mit der Angel und nicht mit dem Netz, erst viele km hinter dem Schiff hergezogen (nur so vermeidet man eine zu hohe Adrenalin-Ausschüttung und das Fleisch bleibt dunkelrot und in der entsprechenden Qualität). Und während wir noch staunend zuschauen, wie der riesige Koloss zerlegt wird, telefoniert der anwesende Thunfisch-Broker schon mit potentiellen Abnehmern in Europa und Japan. Noch am gleichen Tag wird er dann ausgeflogen – selbstverständlich in der First Class 😉. Der Thunfisch ist somit zwar extrem teuer, aber für uns ist das eine Art, mit der wir leben können im Vergleich zu den Massen in den Treibnetzen.

Provinz Nummer 4 – New Bunswick – ist nicht fern, die bisher durchweg sommerlichen Temperaturen werden deutlich kühler und der hier legendäre Indian-Summer mit seiner tollen Laubfärbung hält Einzug. Wir machen ausgedehnte Wanderungen in den verschiedenen Nationalparks und – nachdem ich bei meinem neuen Mountainbike die irgendwo im nirgendwo verlustig gegangene Steckachse ersetzen konnte – komme ich endlich auch dazu ein paar tolle Biketouren zu machen.

Mit unserer Provinz Nummer 5 – Québec – ändert sich erneut vieles: nicht nur die Sprache (ein stark akzentuiertes Französisch, und zu unserer Überraschung treffen wir zahlreiche Menschen, die überhaupt kein Englisch können), sondern auch das französische Savoir-Vivre hält Einzug. Tolle Patisserien, gehobene Restaurants, verspielte Einrichtungsläden…. Man kommt sich bisweilen vor wie in der Normandie. Wir genießen es und füllen unsere Vorräte wieder entsprechend auf. Nachdem wir die einsame Gaspé Halbinsel umfahren und den entlegenen Nationalpark erwandert haben, setzen wir mit der Fähre über den St. Lorenz Strom ans Nordufer über. Zufällig erfahren wir, dass der nächste Hurrikan – Fiona – auf Nova Scotia, P.E.I. und Neufundland zurast… glücklicherweise sind wir diesmal schon weit genug westlich im Landesinneren: Global Warming verschont mittlerweile auch den Nord-Osten Kanadas nicht mehr.

Sehr ländliche, alt-französisch geprägte Landschaften säumen den riesigen Strom je weiter wir uns der Stadt Québec nähern. Die vorgelagerte Ile d’Orléans kommt uns vor wie Frankreich vor einem Jahrhundert: wunderschöne alte Landhäuser, traumhafte Gärten, Wein- und Apfelernte gerade mitten am Laufen und überall Verköstigungen und Farm-Verkäufe. So stellen wir uns das Schlaraffenland vor! Québec selbst ist sehr überschaubar, aber ebenfalls sehr französisch geprägt. Nach ein paar Tagen Natur und Entspannung im Gebiet des Mount Sutton schon nahe der Grenze nach Vermont/USA geht es zum Abschluss unserer Reise durch das östliche Kanada nach Montreal.

Hier sind wir und ein anderes schweizer Overlander-Pärchen bei einem angehenden kanadischen Overlander eingeladen und bekommen u. a. selbst erlegtes Elch-Fleisch zum Essen (der Elch musste sogar nach Abschuss noch per Ruderboot aus einem See gezogen werden, es gibt also viel zu erzählen 😉). Er hat seinen Truck komplett selbst ausgebaut in Größen-Dimensionen wogegen selbst Shujaa als absolutes Kompakt-Mobil erscheint. Alles im Leben ist halt relativ und die Nordamerikaner geizen ja bekanntlich nicht mit Größe!

Danach geht es nach Montreal Downtown und wir erkunden die erste wirkliche Groß-Stadt auf nordamerikanischem Boden. Beeindruckende Lebensqualität gepaart mit sehr starker Multi-Kultur und dies alles in völlig entspanntem Zusammenleben. Da können sich viele andere von uns bereiste Länder ein Vorbild nehmen! Mit diesen sehr positiven Eindrücken verlassen wir das östliche Kanada gen USA und freuen uns schon sehr, nächsten Sommer auf unserem Weg nach Alaska den westlichen Teil dieses tollen Landes zu bereisen.

6 Kommentare

  1. Hallo Karin & Oliver,
    Ich habe Euch heute mit Eurem bemerkenswertem Farhrzeug in Ipswich, MA gesehen.
    Toll, was Ihr unternimmt und super Fotos! Was fuer eine Kamera benutzt Ihr?

    All the best,
    Peter

    1. Hi Peter!

      Danke – ja, das ist speziell 😉

      Bis vor zwei Jahren eine Nikon D7000, jetzt eine Nikon Z6.

      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

  2. Hallo Ihr beiden,
    wieder mal tolle Bilder und wirklich schöne Eindrücke! Da schmerzt es einen dass unser Fahrzeug noch nicht reisefertig ist.

    Könnet Ihr eine ca. Angabe machen, was in Canade so bei eurerer Aktivität an Budget, inkl. Sprit gebraucht wird?

    Gruß
    Pius und Rita

    1. Hi Rita, hi Pius!

      Das freut uns, danke.

      Die Frage ist wirklich schwer zu beantworten, weil jeder seinen eigenen Lebensstil und Art des Reisens hat, daher finden wir das unseriös hier in eine Diskussion einzusteigen. Spritpreis in Kanada ist öffentlich, wieviel km jeder fahren mag ist auch kalkulierbar, plus Essen und alles was man so mag. Sagen können wir, dass wir die Preise generell in Kanada als teurer empfinden als in Mallorca oder Deutschland, wie wir soweit beurteilen können.

      Euch eine tolle Vorbereitung.

      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

  3. Lebendiger Reisebericht mit tollen Bildern. Ich verfolge eure Reisen sehr gerne und freue mich immer über Neuigkeiten. Danke dafür und weiterhin eine spannende Tour.

    1. Cool, danke! 👍

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