2022LandschaftenNordamerikaU.S.A.

Durch die Wüsten und Canyons des Süd-Westens der U.S.A.

Wir verlassen den riesigen Bundesstaat Texas und fahren in den Bundesstaat New Mexiko. Im White Sands N.P., nördlich der hässlichen Grenzstadt El Paso haben Tuffablagerungen aus der Eiszeit ein strahlend weißes Dünen-Meer geschaffen. Es gibt zahlreiche Trails und schöne Fotomotive… alles eingekesselt zwischen zwei Gebirgsketten mit bis zu 3.000 Meter hohen, teilweise schneebedeckten Bergen. Erst jetzt realisieren wir, dass wir uns mittlerweile schon mitten in den Rocky Mountains befinden – durch die riesigen Weiten und Ebenen bemerkt man dies erst gar nicht. Dazu passt, dass wir mal wieder die Uhr eine Stunde zurückstellen müssen: wir haben nun „Mountain Time“.

Die Weiterfahrt Richtung Norden in die Berge New Mexikos und den Gila Cliffs führt uns landschaftlich in eine der schönsten Gegenden in den U.S.A.: die Wüste ist plötzlich weit weg und wir fahren, entlang von glasklaren Flüssen, umsäumt von alten, riesigen Bäumen weiter hoch in die Berge. Das Flüsschen Mimbres hat es uns besonders angetan. In einem immer wieder schönen Schwung, mit schönen Bäumen am Ufer, sieht es hier wirklich aus wie im sprichwörtlichen alten Wilden Westen. Es wird völlig einsam und irgendwann haben wir Schnee um uns herum. Auf knapp 2.000 Meter finden wir auf einem exponierten Hügel mit tollem 360 Grad Rundum-Weitblick einen tollen Übernachtungsplatz, schon am Mittag.

Am Morgen haben wir Minustemperaturen und der bewölkte Himmel sieht etwas nach Schnee aus… es wird doch nicht schneien, so dass wir unsere Schneeketten aufziehen müssen? Wir fahren noch 10 km bis in den Talschluss hinein, wo wir uns in absoluter Einsamkeit zu den Gila Dwellings, in einem tiefen Canyon, aufmachen: In die Felsen gebaute Indianer-Behausungen aus dem 13. Jahrhundert. Sehr spektakulär, aber trotz der Einsamkeit absolut nachvollziehbar, wieso gerade hier ein solcher Ort aufgebaut wurde: vor Winden, Hitze und Kälte im Canyon geschützt, Wasser im kleinen Fluss im Tal, Wölfe und Bären zum Jagen… alles da, was man so brauchte.

Vorbei an kleinen, verlassenen ehemaligen Western-Städtchen geht es wieder gen Süd-Westen zum Chiricahua Bergmassiv. Die Piste vom Osten aus in die Berge ist anspruchsvoll: zunächst müssen wir – erstmals in Nordamerika – unseren Hoch-Entaster auspacken und uns den Weg freischneiden. Als es lichter wird und wir den Pass erreichen, haben wir plötzlich eine verschneite und vereiste abschüssige Piste vor uns. Nach reiflicher Überlegung entscheiden wir uns umzudrehen, so lange dies noch möglich ist, und einen 150 km langen Umweg zu fahren. Wir haben schließlich Heiligabend und keine Lust auf eine Bergeaktion wie am Mississippi-Ufer vor zwei Wochen oder auf eine Schlitterfahrt mit 18 Tonnen unter dem Hintern. Die Anfahrt vom Norden her, in die schon im Staate Arizona liegenden Chiricahua Berge, ist hingegen viel einfacher und eine gigantische Wanderung durch bizarre Canyons mit steilen Fels-Nadeln am nächsten Tag entschädigt für die etwas umständliche Anreise. Eine der schönsten Wanderung seit langem!

Durch Steppenlandschaften, die uns mit dem beigen, sich im Winde wiegenden Grases an die Serengeti in Tansania erinnern (leider ohne die entsprechenden Tiere 😉), geht es zur alten Wild-West Stadt Tombstone. Aufgrund des Weihnachtsfeiertages ist hier zwar alles geschlossen, aber unverhofft kommen wir zu einem Saloon, wo sich die Locals zur Weihnachtsfeier treffen… direkt sind wir integriert und sind überrascht wieviel „echte Cowboys und Cowgirls“ es hier noch gibt. Karin ist gleich in ihrem Element und freundet sich mit den netten Einheimischen an. Und tolles texanisches Essen gibt es heute sogar hausgemacht umsonst!

Wir nähern uns der Stadt Tucson: Schon bei der Anfahrt sehen wir die riesigen Flugparkplätze, wo über 4.000 größtenteils ausrangierte Militärflugzeuge und Helikopter entweder auf die finale Ausmusterung oder auf die Reaktivierung warten. Unglaublich, was dort an Material und Werten geparkt ist. Das Pima Air Museum ist auch für nicht Waffen- und Militär-Liebhaber wie uns beeindruckend: unzählige Kriegsflugzeuge aus unterschiedlichen Epochen und Herkunft (vom Langstreckenbomber über Japanische Kamikaze-Flieger bis hin zu alten Air Force One Maschinen ist alles vertreten) sind hier geparkt und gut beschrieben. Immer wieder auch interessant zu sehen, welch ein völlig anderes Verhältnis Amerikaner zu Waffen, Krieg und Nationalstolz haben.

Anschließend geht es in den Westteil des Saguaro N.P.: hier stehen die majestätischen, riesigen Saguaro Kakteen mit ihrer typischen „Gabelform“ dicht an dicht – die Nationalpflanze Arizonas. Wir kommen aus dem Fotografieren gar nicht mehr raus. Noch mehr von diesen beeindruckenden Gewächsen finden wir im, direkt an der Grenze zu Mexiko gelegenen, riesigen Organpipe National Park. Obwohl hier eigentlich – dem Namen folgend – die Orgelpfeifen Kakteen dominant sein sollten, beherrschen hier erneut die Saguaros die Szenerie. Auf einem 70 km langen Off-Road Loop fahren wir ganz alleine durch traumhafte Natur und erblicken sie endlich: nein, nicht den 10.000-sten Saguaro Kaktus, sondern die berühmt berüchtigte Mauer zu Mexiko, die der letzte Präsident der U.S.A. so unbedingt haben wollte und die wir an den bisher von uns besuchten Grenzgebieten nirgendwo entdecken konnten. Es gibt sie also doch und man muss sagen – zumindest in diesem Bereich – durchaus optisch ansprechend für eine „Mauer“ gemacht: Stahl in moderner Rost-Optik und recht transparent gehalten durch Stäbe. Auf der anderen Seite eine andere Welt… Mexiko! Das werden wir nächstes Jahr ausgiebig erkunden.

Bei den Imperial Sand Dunes, einem 10 km breiten und über 60 km langen und bis zu 100 Meter hohen Dünengebiet, tritt wieder Ernüchterung ein: eigentlich wollten wir hier mal wieder unser Quad Shujoo aus der Garage holen (das letzte Mal haben wir ihn in Florida benutzt), doch die gefühlt 10.000 Wohnmobile mit ihren ATVs, Quads und Crossbikes, welche sich hier um Sylvester herum zum PS-Protzen und Feiern versammelt haben, lässt uns schnell die Lust vergehen. Auch in den nächsten Tagen sehen wir materialstrotzende, riesige Wagenburgen, die ihren Spaß in der Wüste haben wollen. Selbst in entlegenen Gebieten muss man mit Begegnungen rechnen… aber glücklicherweise sorgt der Herdentrieb und das Socializing-Bedürfnis dieser Menschen dafür, dass man ihnen ganz gut aus dem Weg gehen kann. Und tolle, einsame Stellplätze gibt es in diesem Teil der U.S.A. mehr als genug!

2 Kommentare

  1. Fantastisch, was die USA zu bieten haben, diese Vielfalt der Kontraste ist einmalig. Sind die alten Wilden Westen Örtchen „normal bewohnt“ oder nur noch Touristenattraktion? Bavaria Filmstudios zahlen viel Geld für den Bau von Attrappen 😂 . Genießt den Abschluss Eurer Etappe! Grüße aus der Heimat, Moni

    1. Ja, die Unterschiedlichkeit in jeglicher Hinsicht ist wirklich erstaunlich, selbst für uns, die die USA ja schon ein bisschen kannten. Nein keine Attraktion, auch das erstaunlich, in den Wild West Dörfchen wo wir waren, wohnen Menschen … und auch noch urige dazu. Wie aus der Zeit entsprungen. Danke Dir!
      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

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