Der Pamir Highway gehört zu den wenigen Traumstraßen, die jeder Overlander einmal in seinem Leben gefahren sein möchte. Dabei ist der Name „Highway“ zunächst missverständlich, da es sich um größtenteils kleine, an den Felsabgrund hineingebaute Pisten handelt, die sich in einem tiefen Flusstal an der unmittelbaren Grenze zu Afghanistan entlang schlängeln. Außerdem gibt es nicht DEN Highway, sondern verschiedene Varianten (die Nord- und die Südroute von Dushanbe nach Qualai Khumb, mit oder ohne Wakhan Valley etc.). Allerdings ist der Pamir Highway auch ein wichtiger Teil des „Neuen Seidenstraßen“ Projektes und wird dementsprechend durch die Chinesen derzeit intensiv ausgebaut, außerdem sieht man immer wieder chinesische LKWs und Autotransporter. Manche chinesische Neuwagen werden auch einzeln überführt, da bekommt das Wort „Überführungs-Kilometer“ eine ganz neue Bedeutung 😉. So passt dann der Begriff „Highway“ doch irgendwie etwas.
Wir starten entsprechend gespannt in der Hauptstadt Tadschikistans – Dushanbe – und haben uns für die besser ausgebaute Südroute entschieden. Wir gleiten so entspannt auf bester Asphaltstraße runter zum Panj – dem Grenzfluss zu Afghanistan – dass wir zunächst gar nicht glauben können, dass wir auf dem legendären Pamir Highway unterwegs sind. Das hat den klaren Vorteil, dass auch der Fahrer die grandiose Landschaft voll genießen kann und sich nicht permanent auf die Piste konzentrieren muss. Ab Qualai Khumb ändert sich dann das Spiel schlagartig: an der ab hier wirklich grottenschlechte Piste wird intensiv gebaut mit Hangsprengungen, Tunnel etc. Wir sind extra um 5:00 h morgens gestartet, um noch vor den regelmäßigen Straßensperrungen durchzukommen. Dementsprechend überrascht sind wir, als wir schon bald an das Ende einer LKW-Schlange kommen. Unser bewährtes Rezept forsch vorbeizufahren, bringt leider diesmal nicht viel, da der Anhänger eines LKWs in das Panj Flussbett abgestürzt und damit die Durchfahrt an dieser Engstelle unmöglich geworden ist. So haben auch wir unsere 6 h Wartezeit bis die Straße provisorisch mit manueller Handarbeit (Schaufeln der anwesenden Wartenden) etwas verbreitert wurde. Wenigstens stehen wir ziemlich in Pole-Position und können daher als einer der ersten LKWs durchfahren, bevor sich andere LKWs festfahren oder wieder in den Fluss abstürzen (was beim Zustand der LKWs und der Fähigkeit mancher Fahrer nicht ganz unwahrscheinlich ist). Zudem haben wir keine Baustellen auf der weiteren Strecke da Feiertag ist, was wir aber erst später erfahren.
Im Haupttal am Panj selbst darf man leider wegen der unmittelbaren Grenze zu Afghanistan nicht übernachten. Das Militär patrouilliert intensiv und schickt einen weg, da ja „die Taliban schießen könnten“. So ein Quatsch, die haben einfach ein Drogenproblem und wenn die beiden Seiten nachts sich um das Opium streiten, will man natürlich auch nicht mittendrin stehen. Nach kurzem Abstecher im spektakulären Bartang Tal geht es weiter in die kleine Stadt Khorog. Mit 30.000 Einwohnern ist sie das Zentrum der autonomen Provinz Gorno-Badachschan, die flächenmäßig fast die Hälfte von Tadschikistan, aber nur ein Bruchteil der Bevölkerung einnimmt. Sie ist sehr eigenständig hinsichtlich Kultur, Sprache (Pamiri) etc. Wir tanken noch einmal auf, da es hier die letzte Möglichkeit gibt qualitativ noch ausreichenden Diesel zu bekommen. Das Lebensmittelangebot ist hingegen sehr überschaubar. Leider findet der wöchentlich immer samstags stattfindende Afghanen-Markt heute nicht statt, da gestern Feiertag war, schade!
So geht es weiter durch Traum-Landschaften in das Wakhan Valley, wo sich das Flusstal des Panj weitet und grandiose Ausblicke auf den Hindukusch mit seinen 6- und 7.000er freigibt. Es gibt viele kleine Örtchen, Ackerbau wird betrieben und die auch hier sehr freundlichen Menschen machen trotz Armut und extrem abgeschiedener Lage einen herzlichen Eindruck. Verschiedene teilweise sehr verfallene Befestigungsanlagen zeugen von der strategischen Bedeutung dieses Tals schon zu Zeiten der „alten Seidenstraße“. Das Wetter ist sehr gut und so schrauben wir uns höher und höher bis zum Kargush Pass auf 4.300 Metern. Die Höhen-Akklimatisierung bestimmt jetzt unser Reisetempo und so fahren wir teilweise nur 30-50 km am Tag… was aber auch gegeben die Pistenqualität völlig ausreichend ist. Unsere Stellplätze an den traumhaft gelegenen Bergseen Chukurkul und Yashikul sind wirkliche Highlights und wir kommen aus dem Fotografieren und Drohne fliegen gar nicht mehr raus. Nun haben wir natürlich Unmengen an Material 😉.
Über dem kleinen Ort Murgab, welcher u.a. mit seinem sehr einfachen „Container-Markt“ das harsche Leben und die Entbehrungen der Menschen in dieser Region verdeutlichet, geht es über den 4.660 Meter hohen Ak Batail Pass (dem höchsten Straßen-Pass der ehemaligen Sowjetunion) zum Karakul See. Entstanden vor ca. 5 Millionen Jahren, offenbar durch einen Meteoriten-Einschlag, ist er mit seinen 380 km2 mit Abstand der größte See Tadschikistans und wird vom Gletscherwasser der umliegenden, bis zu 7.000 Meter hohen, Berge gespiesen. Eine beindruckende Szenerie.
Leider schlägt das Wetter um: über Nacht schneit es und wir entscheiden uns einen weiteren Tag zu warten, bis wir über den Kyzylart Pass nach Kirgistan einreisen können. Der Pass ist zwar mit „nur“ 4.280 Metern niedriger als die bisher von uns bezwungenen Pamir-Pässe, jedoch sollte seine Abfahrt nach Kirgistan bei Regen und Schnee aufgrund der dann sehr schmierigen Lehm-Piste nur bei Trockenheit befahren werden – gerade für große Fahrzeuge wie Shujaa. So haben auch wir mal eine kurze, extern verordnete „Zwangspause“. Am nächsten Tag ist die Abfahrt aber viel unspektakulärer als überall dargestellt. Aufgrund von Social Media und der zunehmenden Anzahl von Overlandern, die sich teilweise versuchen mit ihren Berichten an Dramatik zu übertreffen und sich so in der Szene abzuheben, sind auch wir ein wenig beeinflusst gewesen. Und tatsächlich sind wir schon wesentlich problematischere Pisten gefahren.
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Wonderful words. Thank you, David!