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Nach kurzem Strandurlaub in den wüstenhaften Norden Kenias

Nach der staubigen Einsamkeit des Rift-Valleys und den tollen Nationalparks Amboseli und Tsavo brauchen wir eine „Erholung“: z. B. Palmen, türkisfarbenes Meer und weißer Sand und so fahren wir spontan circa 300 km gen Osten an die Küste südlich von Mombasa. Auf dem Campsite der Twiga Lodge, etwas nördlich vom touristischeren Diani Beach, finden wir genau das, was wir zum Entspannen brauchen: einen Stellplatz auf schönem Rasen unter großen Baobabs und Palmen, leicht erhöht über einem einsamen Sandstrand mit Blick auf das türkisfarbene Meer… besser geht es nicht. Und auch nette Annehmlichkeiten wie Stromanschluss (damit nachts unsere Aufbau-Klimaanalage durchlaufen kann, bei den hier tropisch/feuchten Temperaturen), Wasseranschluss, Restaurant und lokale Lebensmittelversorgung fehlen nicht. Fischer bringen auf Bestellung frisch gefangenen Fisch, der mit seinen exotischen Farben viel zu schön aussieht, um ihn abends zu grillen. Mopedfahrer bringen Gemüse und Obst vorbei. Ein Paradies und – sollten wir nicht nach Äthiopien weiterreisen können – und von Mombasa nach Europa zurückverschiffen, werden wir hier zum Abschluss zurückkommen… wir werden sehen.

Nach vier sehr erholsamen Tagen sind unsere Akkus wieder aufgeladen und wir machen uns auf die nervige Fahrt nach Nairobi: dachten wir schon der Tan-Zam Highway in Tansania ist die Hölle, was den LKW-Verkehr angeht, finden wir hier eine noch schlimmere Strecke. Gefühlt alle altersschwachen LKWs Afrikas schleichen hier die Berge im Schneckentempo hoch, PKWs machen die waghalsigsten Überholmanöver und wir versuchen dabei halbwegs mitzuhalten 😉. Aufgrund des Linksverkehrs kommt meinem Co-Piloten Karin dabei eine besonders verantwortliche Rolle zu: ich fahre leicht aus der Spur, sie „schnüffelt“, ob die Gegenspur frei ist und dann gebe ich entweder Gas oder mache eine Vollbremsung und reihe mich wieder ein.

Nach hunderten solchen Überholmanövern und einem kurzen Servicestopp in Nairobi kommen wir geschafft auf der Castle Forrest Lodge am Mount Kenia an. Was für ein Unterschied! Es sieht aus wie in den schweizer Bergen: grüne Wiesen, muhende Kühe und erfrischende Bergluft auf über 2.100 Meter. Bergregenwälder mit riesigen Farnen und Wasserfälle umgeben die Lichtung und am nächsten Tag machen wir eine fünfstündige Wanderung mit einem sehr guten Guide zu einem der Wasserfälle. Neben dem omnipräsenten Mount Kenia sehen wir viele verschiedene Chamäleons auf dem Weg, was Karin beglückt. Die Ringstraße um den Mount Kenia herum führt uns dann auf engstem Raum durch unterschiedlichste Vegetationszonen: tropisch feucht auf der Süd- und Ostseite, steppenhaft trocken auf der Nord- und Westseite.

Vorbei an den Thomsen Falls erreichen wir den Lake Naivasha: zunächst sind wir aufgrund der vielen, teilweise nicht mehr genutzten Blumenplantagen enttäuscht, dann aber finden wir am Camp Carnelley’s einen weiteren tollen Standplatz direkt am See unter vielen Fieberbäumen auf dem wir drei Nächte verbringen. Der nahegelegenen Hell’s Gate National Park ist der einzige Nationalpark im östlichen Afrika, in dem man aufgrund der Abwesenheit von Wildkatzen auch wandern und biken kann. Komisch ist nur, dass wir eine Menge großer Tatzenspuren im Sand sehen … Die Möglichkeit nehmen wir natürlich sofort wahr und mieten Bikes – jedoch fährt Karin die letzten km mit dem Taxi zurück: Die Sonnenintensität direkt am Äquator in Kombination mit entsprechenden Temperaturen und harten, ungefederten Mountainbikes fordern ihre Opfer….

Langsam machen wir uns auf gen Norden: in der Provinzstadt Eldoret stempeln wir unsere Pässe und Carnets aus, da wir am einsamen Ostufer des Lake Turkana gen Norden nach Äthiopien einreisen wollen (wo es keine Immigration und Zoll gibt). Dann fahren wir entlang des tollen Kerio-Valleys (ebenfalls zum Rift-Valley gehörend) zum komplett überfluteten Lake Baringo. Keine Lodge ist hier nach den extremen Regenfällen des letztjährigen Frühjahrs mehr funktionsfähig – alles abgesoffen. Entlang kleiner Pisten, Richtung Maralal, liefern wir uns nach Regenfällen mal wieder eine Schlammschlacht mit der Natur (welche Shujaa schlussendlich bravourös meistert), bevor wir uns, zusammen mit unseren Reise-Freunden Margit und Theo, auf Richtung Lake Turkana machen. Mit ihnen waren wir ja schon im Amboseli und Tsavo gemeinsam unterwegs und hatten viel Spaß. Und mit zwei Fahrzeugen, in dieser extrem unwirtlichen, einsamen Gegend auf der Piste zu sein, ist sicher auch kein Nachteil. Vor wenigen Tagen wurde in den Bergen nördlich von Maralal noch heftig geschossen, zwischen rivalisierenden Stämmen (wahrscheinlich wurde wieder mal eine Kuh oder Ziege geklaut), und das Militär hatte die Strecke gesperrt. Jetzt ist es aber ruhig und wir können unbehelligt gen Norden fahren. Selbst im berüchtigten Ort Baragoi werden wir weder in einen Hinterhalt gelockt, noch ausgeraubt – obwohl wir anhalten müssen, um eine passende Schraube für Shujaa’s Hecklift zu organisieren, die wir auf den Rüttelpisten verloren haben.

Die Landschaft um und am Lake Turkana, der seinem Namen „Jade-Meer“, bei der Anfahrt über die Berge, alle Ehre macht, ist spektakulär: weite und extrem unwirtliche Vulkan- und Sandwüsten gepaart mit einem nie endenden extremen Wind und Temperaturen, die auch nachts nicht unter 33 Grad absinken. Auch gibt es ab hier eine Menge Kamele. Eine tolle Erfahrung, genauso wie die Zusammenkunft mit lokalen Turkanas, aber allzu lange halten wir es hier bei diesen extrem widrigen klimatischen Verhältnissen nicht aus. Wir machen uns, über North Horr, mit einem Zwischenstopp in der Nähe von Kalacha, auf nach Marsabit – wieder etwas höher gelegen und damit mit erträglichen Temperaturen. Weil uns unserer Hecklift auf diesen extrem harten Pisten immer noch etwas Sorgen macht und wir etwas schweißen lassen müssen, haben wir Abstand genommen von unserem ursprünglichen Plan den Turkanasee ganz nach Norden hochzufahren und dort die „grüne“ Grenze nach Äthiopien bei Illeret/Omorate zu passieren.

Vielleicht wären wir dort erfolgreicher gewesen, vielleicht auch nicht: als wir nämlich wenige Tage später bei Moyale die – offiziell immer noch wegen Corona geschlossene – Landgrenze nach Äthiopien passieren wollen, verlässt uns unser Corona-Reiseglück. Die Grenzstation ist menschenleer, wir müssen erst Verantwortliche suchen und sie interessieren sich noch nicht einmal für unsere eVisa… alles gar keine guten Vorzeichen! Die Landgrenzen sind mit Ausnahme von Djibuti geschlossen – Basta! Auch mein Hinweis, dass es ja in Afrika „immer eine Lösung gibt“ und wir Shujaa nach Deutschland zurückbringen müssen, wird verstanden, ändert aber nichts an der Situation. Frustriert drehen wir nach längerer Diskussion um und wollen nicht wirklich wahrhaben, dass hier unsere derzeitige Afrikareise an einem Wendepunkt steht. Bei der Alternative es doch über die „grüne Grenze“ bei Omorate zu probieren, schrecken uns die vermutete geringe Erfolgswahrscheinlichkeit, in Kombination mit 300 schrecklichen Pisten-Kilometern, bei extremen klimatischen Bedingungen ab. Selbst wenn wir es über die dortige Grenze schaffen würden, wäre dann die Weiterreise nach dem Sudan mit großer Wahrscheinlichkeit, aufgrund aktueller Grenzkonflikte, nicht mehr möglich. So fahren wir wieder gen Süden.

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