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Im Osten Zimbabwes unterwegs: Kultur, Verhaftung, tolle Berglandschaften und herzliche Menschen

In der allerletzten Minute, vor einem langen Wochenende, gelingt es Brendan von unserer Werkstatt in Francistown/Botswana, den aus Deutschland erneut zugeschickten Getriebe-Antriebsriemen unseres Quads Shujoo aus dem Zoll loszueisen und zu montieren. Wenige Stunden später sind wir wieder „on the road“ nach Zimbabwe, vollgebunkert mit Lebensmittel und Diesel, so dass wir eigentlich während unseres zweiten Aufenthaltes in diesem Land autark sein sollten. Die Einreise bei Plumtree ist diesmal etwas zeitaufwändiger und mühsamer, als die erste Einreise bei Panamatenga – es geht doch nichts über kleine Grenzstationen, aber nicht immer hat man die Wahl.

Die Hauptstraßen in Zimbabwe sind in einem guten Zustand, da kaum Spritverfügbarkeit und somit kein Verkehr und keine Abnutzung. Nervig ist nur, dass wir an jeder Mautstation ewig darlegen müssen, dass wir als „light vehicle“ bei der Einreise klassifiziert worden sind, und daher keine Prepaid Maut Vouchers kaufen mussten (in harten USD versteht sich…), sondern den deutlich günstigeren normalen Tarif in Landeswährung in Cash vor Ort bezahlen können. Trotzdem sind wir schnell in Great Zimbabwe angelangt, den größten „Stein-Ruinen“ südlich der Sahara. Wir machen uns mit einem Guide auf, diese faszinierende, aus Granitstein ohne Mörtel aufgebaute Stadt, zu besichtigen. Sie diente in ihrer Hochzeit, zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert, bis zu 20.000 Menschen samt ihrem König, als Herrschaftszentrum. Der König wohnte ganz oben auf den Granitfelsen, seine erste Frau in der „great enclosure“ auf der anderen Talseite und dazwischen die zahlreichen anderen Frauen des Königs, sowie andere wichtige Untertanen. Unser Guide erzählt völlig überzeugt, teilweise dem Ahnenkult abstammende und abstruse Geschichten, die Karin in den Reiseführern nicht wirklich so wiederfinden kann und auch etwas belächelt. Aber alleine der Glaube versetzt Berge. Wir bekommen noch eine Tanzvorführung mit Gesang in einem Dorf am Fuße der Festung geboten. Insbesondere auf mich übt die Anlage eine hohe Mystik aus – auch bei meinem zweiten Besuch zum Sonnenuntergang, wo ich völlig alleine in der weitläufigen Anlage bin und in einer engen Steingasse fast mit einem entgegenkommenden Pavian zusammenstoße. Er erschrickt sich noch mehr als ich und versucht über die drei Meter hohen Gassen-Mauern zu fliehen, stürzt ab und reißt dabei einen Teil der Mauer laut polternd ab.

Neben den beeindruckenden Dimensionen und der Mystik zeigt Great Zimbabwe aber auch beeindruckend zwei Themen auf: das eine ist die völlige Missachtung der afrikanischen Kultur bzw. deren Fähigkeiten durch die Europäer, insbesondere während der Kolonialzeit. Die ersten Forscher und sogenannten Archäologen, welche Great Zimbabwe Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten, konnten nicht glauben und akzeptieren, dass eine solche Anlage von afrikanischen Ureinwohnern ab dem 9. Jahrhundert aufgebaut werden konnte und sahen den Ursprung daher bei den Europäern oder im Abendland. Wissenschaftler mit anderer Einschätzung wurden einfach des Landes verwiesen. Das andere ist der signifikante Rückgang des Tourismus: gegeben der herausragenden kulturellen Bedeutung dieser Anlage ist es fast unglaublich, dass an einem Sonntag mal gerade sechs Parteien die weitläufige Anlage besuchen. Auf dem wunderschönen Campground direkt neben der Anlage mit Wiese und alten Bäumen sind wir die einzigen Gäste. Unser Guide bestätigt, dass die inländischen Touristen nicht mehr das Geld für solche Besuche und Reisen haben und die ausländischen Touristen dieses schöne Land wegen der Währungs- und Treibstoffproblematik meiden. International ist das Land zudem, auch nach dem Ende von Mugabe, immer noch völlig isoliert. Da fragt man sich wie es jemals aus der Krise wieder herauskommen soll.

Wir machen einen Umweg von über 400 km in den Südosten um den Gonarezhou N.P. in der Tiefebene zu besuchen. Er soll – wie uns auch von anderen Reisenden bestätigt wurden – nach den schwierigen Zeiten der Wilderei und der „Selbstversorgung“, der an Hunger leidenden Bevölkerung, wieder sehr tierreich und landschaftlich abwechslungsreich sein. Nur leider lässt man uns mit Shujaa nicht in den Park hinein, mit der Begründung wir wären zu groß und würden die Pisten kaputtfahren. Alles Argumentieren hilft nichts, so dass wir uns einen nicht weit entfernten Traumplatz, an einer durch Hochwasser des Runde Flusses zerstörten Brücke, suchen… kurz hinter (also für uns außerhalb) dem Parkeingangsschildes. Halb auf dem Brücken-Torso sitzend, haben wir hier tolle Tierbeobachtungen zum Sonnenuntergang. Nach Einbruch der Dunkelheit und Konsum einer guten Flasche Wein kommen jedoch sieben Ranger vorbei und versuchen uns in ewigen Diskussionen zu erklären, dass wir uns unerlaubterweise innerhalb des N.P. befänden und hier nicht die Nacht verbringen können. Das Nationalpark-Eingangsschild wäre noch ein altes und damit nicht mehr gültiges Schild aus der Zeit als die Brücke noch nicht zerstört war und die N.P.-Grenzen hätten sich mittlerweile verändert. Wiederwillig folgen wir den Rangern im Dunkeln (wir fahren sonst ja nie im Dunkeln) zum N.P. Hautquartier, wo man uns einen „sicheren“ Stellplatz versprochen hatte. Dort angekommen, diskutieren wir vor den Augen des Chef-Rangers erneut ewig und als ich wieder zu Shujaa zum Schlafen zurück gehen möchte, eröffnet er mir, dass ich derzeit „unter Arrest“ stehen würde und das Büro nicht verlassen darf. To cut a long story short: nach einer weiteren Stunde Diskussion und Zahlung von umgerechnet acht Euro Strafe sind Karin und ich offiziell „wieder auf freiem Fuß“ und verbringen endlich eine ruhige Rest-Nacht.

Die Eastern-Highlands bringen die ersehnte Erholung für Körper und Geist: im Chimanimani Gebirge machen wir eine tolle und sehr anstrengende achtstündige Bergtour. Wir parkieren neben einer Schule und besuchen diese auch. Dieses Ereignis führt uns erneut vor Augen, unter welchen schwierigen Bedingungen die Menschen hier leben. Neben den allgemeinen Problemen Zimbabwes hat hier der Zyklon Ida, im März diesen Jahres voll zugeschlagen: Über 300 Todesopfer alleine im kleinen Ort Chimanimani, unzählige Hangabrutsche und verschüttete Straßen, viele weiße Zelte, der großen Hilfsorganisationen, als Notunterkünfte. Umso beeindruckender ist die Freundlich- und Herzlichkeit der Menschen und deren grenzenloser Optimismus in die Zukunft. Karin badet im Meer dieser herzlichen Kinder und voller Glück.

In den Bvumba Mountains, nahe Mutare, essen wir einen unserer besten, aber auch teuersten Käsekuchen (20 €) in unserem Leben und die Nyanga Mountains begeistern mit einer völlig neuen Landschaft: es sieht aus wie im Schwarzwald und Karin fühlt sich gleich heimisch. Wasserfälle, große (Pinien-) Nadelwälder, klare Seen. Kein Wunder, dass die frühere weiße Elite von Zimbabwe hier mondäne, aber mittlerweile dem Verfall preisgegebene, Ferienhäuser gebaut hat, um der Hitze und dem Staub im tiefer liegenden Lowveld zu entfliehen. An einem Aussichtspunkt, an dem wir auch übernachten, treffen wir einen 100-köpfigen Witwenverein, der einen Ausflug macht. Wir werden bestürmt und fast erdrückt von so viel lachenden und singenden („We are welcome you“) und netten Frauen. Karin badet wieder …

Zimbabwe: ein nicht nur landschaftlich, sondern auch aufgrund der Gegensätze und der tollen Menschen ein faszinierendes Land.

3 Kommentare

  1. 8$ Lösegeld und 20$ für 1 Stück Käsekuchen? Das sind seltsame Preiskalkulationen… hihi! Sensationelle, authentische Bilder! Mit wie wenig Menschen so fröhlich leben!! Da sollten wir uns in unserem konsumverseuchten Europa, von ewiger Missgunst getrieben und nach immer mehr Sozialleistungen schreienden Gesellschaft mal eine Scheibe abschneiden…. Danke für diese wunderbaren, erdenden Eindrücke! Monika

    1. Hallo Moni,
      ja in der Tat ;-), alles ein bisschen verschoben und schräg. Und gut, dass Du es ansprichst – das ist es was mir persönlich an unserer Art des Reises immer wieder so gefällt: eben die Erdung und die Neukalibrierung, obwohl wir ja auch im Luxus reisen.
      Liebe Grüße Karin & Oliver

  2. Einmal mehr wunderschöne Bilder und spannende Abenteuer!

    Ich wünsche Euch weiterhin gute und sichere Fahrt.

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