2019AbenteuerAfrikaLandschaftenLesothoSüdafrika

Entlang der Drakensberge, durch Lesotho zum Sani-Pass

Von Tieren und den ganzen Beobachtungsfahrten haben wir, so schön es immer wieder ist, zunächst einmal genug. Wir wollen uns mal wieder bewegen, wandern gehen und tolle Natur genießen. Da kommen die Drakensberge für uns genau richtig. Aufgrund der bis zu 8.000 Jahre alten Felsmalereien gehören sie zum Weltkulturerbe und sind die größte Bergkette im südlichen Afrika, mit Höhen bis zu 3.400 Meter über NN und einer 450 km langen Basaltformation, welche auf dieser ganzen Länge ca. 1.000 Meter in die Tiefe fällt.

Insgesamt machen wir fünf, teilweise sehr ausgedehnte Tageswanderungen, an jeweils unterschiedlichen Lokationen, entlang der gesamten Gebirgskette vom Royal Natal N.P. im Norden bis zum Garden Castle N.P. im Süden. Wir genießen die spektakulären Abrisskanten sowohl von unten als auch von oben und erholen uns von den anstrengenden, bis zu 22 km langen Tageswanderungen auf traumhaft einsam gelegenen Campgrounds, wo wir mehrmals die einzigen Gäste sind. Vor allem haben wir – für die Drakensberge eher unüblich – traumhaftes Wetter mit keinem Wölkchen am Himmel und perfekten Wandertemperaturen.

Das kleine Königreich Lesotho darf auf unserer Tour nicht fehlen. Das „Dach Afrikas“ wird auf einer Größe Belgiens fast ausschließlich von Bergen und Hochplateaus geprägt, der niedrigste Punkt liegt bei 1.400 Meter über NN. Nur ein kleiner Teil der Straßen sind asphaltiert. Die Grenzübergänge bei Ein- und Ausreise sind rekordverdächtig: in weniger als 5 Minuten ist alles über die Bühne und man ist direkt in einer anderen Welt: kaum Fahrzeuge dafür Esels- und Ochsenkarren und Pferde als Fortbewegungsmittel, die Erwachsenen häufig zurückhaltend und stolz, die Kinder hingegen bettelnd. Das Land scheint – abgeschottet durch die hohen Berge – in seiner eigenen, sehr ursprünglichen Welt zu leben. Völlig anders auch als z. B. das kleinere, ebenfalls von Südafrika komplett umschlossene Swasiland, was sichtbar im Aufbruch steckt und sich nach außen hin stark öffnet. Tourismus spielt in Lesotho keine Rolle, umso überraschter ist man, als man uns mit Shujaa in den entlegensten Bergtälern sieht.

Wir besuchen den Katse Staudamm, der ganze Stolz des kleinen Landes und in traumhafte Berg-Landschaften eingebettet. Ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Südafrika und Lesotho: Südafrika bekommt bis ins 500 km entfernte, trockene Johannesburg Wasser (und zwar aufgrund der Höhendifferenz rein durch Gravität und ohne Elektrizitäts-/Pumpkosten), Lesotho kann umweltfreundlichen Strom für seinen Bedarf erzeugen. Diese Win-Win Situation ist seit einigen Jahren jedoch problematisch: es regnet viel zu wenig in Lesotho und damit kann zu wenig Wasser nach Südafrika fließen und die Stromproduktion für Lesotho ist auch nicht mehr ausreichend. Man hat einen zweiten Staudamm gebaut und ist dabei einen dritten zu bauen (alle sind mit dem Katse Damm verbunden, da nur von ihm die aufwändigen unterirdischen Pipelines nach Südafrika abgehen) und hofft damit, das Problem langfristig zu lösen.

Was wäre Lesotho ohne den Sani-Pass, den „Pass der Pässe“. Er gilt als der steilste, anspruchsvollste Pass Afrikas – wenn nicht sogar der Welt. Ich habe nicht so gut geschlafen in der Nacht zuvor, ist es die unbewusste Nervosität? Hinsichtlich der Geländetauglichkeit von Shujaa haben wir keine Zweifel, allerdings hinsichtlich der Größe, da die Serpentinen im oberen Bereich sehr eng sein sollen. Wir haben uns daher noch zuvor bei einem anderen Weltreisenden, mit einem 6×6 MAN Kat und vergleichbaren Dimensionen zur Fahrbarkeit erkundigt. Die Antwort war: „machbar, solange es trocken ist, aber man muss in den Kurven mit unseren LKWs auf losem Geröll rangieren.“Nun gut, aber was ist, wenn wir auf dieser Strecke einen Platten oder einen sonstigen Defekt haben? Shujaa könnte unmöglich abgeschleppt werden und reparieren wäre auf dem steilen Geröll auch nicht angesagt. Umkehren ginge auch nicht, da die Piste viel zu schmal zum Wenden ist, für ein Fahrzeug unserer Größe.

Ende der Gedanken und Sorgen, auf geht es: der Grenzübergang in Lesotho oben am Pass ist in wenigen Sekunden erledigt; der südafrikanische Zoll ist erst weiter unten nach der schwierigsten Passage.

Karin bereitet ihr Kamera- und Filmequipment vor und wir fahren rein in den Pass. Wo wir kurz zuvor noch auf weiten Ebenen Richtung Südafrika gefahren sind, geht es nach der Grenzstation sofort in engen Serpentinen, auf losen Geröll hinunter … so steil und locker hatte ich es mir nicht vorgestellt und die gute Aussicht auf die ca. 20 Haarnadelkurven lassen mich doch sehr nachdenklich werden. Die nächsten 20 Minuten sind sicherlich, neben unseren Fahrabenteuern in Nord-Peru, die gefährlichsten und schwierigsten auf unserer Weltreise: der Kurvenradius geht noch (da war Nord-Peru teilweise enger) und ca. die Hälfte der Haarnadelkurven kann ich direkt durchfahren, bei der andere Hälfte muss ich reversieren. Sogar Karin vergisst nach und nach ihren Fotografier-Job und ist etwas angespannt, vor allem, weil sie von draußen nochmals eine andere Perspektive hat und die Steilheit intensiv wahrnimmt. Da wir bergab fahren, fahre ich ohne eingeschalteten Allrad auf der Vorderachse, da dies den Wendekreis von Shujaa vergrößern würde. Beim Reversieren schalte ich den Allrad und die Differentiale hinzu, um maximale Traktion zu haben. Es ist unglaublich, aber wenn ich in den steilen Haarnadelkurven aus dem Stand rückwärts auf dem lockeren Geröll zurückfahre, dreht kein Rad durch und ich habe volle Traktion. Nur beim langsamen Vorwärtsfahren und Bremsen in den Haarnadel-Kurven rutsche ich ab und zu etwas auf dem losen Schotter…. Aber schlussendlich unkritisch.

Nach ca. 15 Minuten hören die Haarnadelkurven auf. Die Piste ist immer noch ruppig und ausgesetzt (vergleichbar mit dem  Menoaneng Pass, den wir am Vortag gefahren sind), aber insgesamt gut fahrbar. Wir haben zudem Glück: da wir direkt mit Grenzöffnung um 8.00 h die Lesotho Grenze passiert haben, haben wir, bis zum südafrikanischen Grenzposten weiter unten im Tal, kaum Gegenverkehr. Dort angekommen, kann weder der Grenzer, noch die mittlerweile zahlreichen Tour Jeeps glauben, dass wir es mit Shujaa hinuntergeschafft haben und wir ernten unseren ersten Beifall auf unserer Reise 😉. Shujaa’s Kraxeltalente und überlegene Traktion haben sich mal wieder total bewährt. Glücklicherweise ist alles gut gegangen: keine technischen oder Reifen-Themen, kein Regen, keine sonstigen Probleme. Aber der Sani-Pass – dass muss jedem mit einem LKW-Expeditionsmobil klar sein – stellt ein hohes Risiko dar, da im Falle von Problemen praktisch keine Hilfe möglich ist.

4 Kommentare

  1. Der Pass ist ja der Wahnsinn…. ich wäre tausend Tode gestorben… Muss es so haarsträubend abenteuerlich sein??? Gut, dass Ihr sicher durchgekommen seid. Da war ja unsere Passstrasse in den Cévennen lächerlich., zumal auch nicht unbefestigt wie bei Euch! Und die Wanderungen wären eindeutig was für mich gewesen! Tolle Aufnahmen! Beste Grüße aus der Carmargue, Moni

    1. Danke. Geht schon alles irgendwie 😉
      Geniesst Euren Urlaub!

  2. Wie gut, dass Ihr den Sani-Pass sicher und unbeschadet geschafft habt.
    Und Eure Wandertouren sehen auch irre aus – großes Kompliment an Euch beide!

    1. Ja, zum Glück. Für Oliver sind 22 km ja nichts, aber für miiiiiich … ;-). Zum Glück habe ich die auch geschafft. Aber nur mit Blasen und Humpeln am Ende.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert