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20, 10, 5, Stopp!!!

Wir dachten es ist vorbei … . Nachdem wir schon einen ausführlichen und langen Blog über die abenteuerliche Route in Nordperu geschrieben haben, wollten wir das Thema nicht noch weiter strapazieren, aber ehrlich gesagt erlebt man sowas nicht alle Tage. Und so dachte ich (Karin), melde ich mich mal zu Wort aus der Perspektive des Beifahrers.

Die zwei Tage nach unserem ersten „Fahrspaß“, haben unser erstes Erlebnis noch getoppt. Wir haben uns entschieden über die Berge und nicht über die Küste zur Cordillera Blanca zu fahren, weil wir schon am Meer waren und weil wir uns von den Bergen mehr versprachen. Leider gibt es zu dem Streckenabschnitt nicht die detaillierten Berichte im Internet wie über den letzten, so dass wir annahmen, dass das gut machbar ist, ohne große Anstrengung – weit gefehlt; Offenbar waren da einfach nur weniger große Overlander bisher … Auch auf unseren Papier- und Onlinekarten waren die Straßen als Hauptverkehrsstraßen groß eingezeichnet.

Ich will nicht viel über die Fahrt an sich berichten, da ich bekannterweise ja für die „Gefühle“ zuständig bin. Nur soviel, es war die wohl anstrengendste und herausforderndste Strecke bisher. 350 km in 16 h verteilt auf zwei Tage, häufig mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 10 km/h. Luftlinie haben wir gerade mal 60 km zurückgelegt. Das kann zermürben.

Und so hatte ich regelmäßig schweißnasse Hände, klammerte mich an der Türverkleidung fest oder machte einfach die Augen zu. Wir bekamen Zoff, weil ich die Distanzen entweder falsch einschätzte oder zu spät reagierte, also immer zur Unzufriedenheit meines perfektionistischen Fahrers. Dazu muss man wissen: Wir fahren zu zweit, bzw. ich helfe bei schwierigen Passagen, dann gehe ich raus mit dem Walkie-talkie und gebe die cm durch, die er noch Platz hat, welche er schlichtweg mit unserer Größe oft nicht so genau aus dem Fahrerhaus wissen kann. Aber Beifahrer und Fahrer sind nun mal unterschiedlich. Wenn ich den Abhang auf mich zukommen sah, mit dem Straßenabbruch, der uns nochmal 20 cm von der eh engen Straße raubte, musste ich ab und zu schon einen kleinen Schrei fahren lassen. Dann lief das sicher 100 mal so ab:

  • Oliver: „Ich höre …“
  • Karin: „20“, „10“, „5“, „Stopp“!!!!
  • Oliver: „Kannst Du mir das nicht früher sagen?“
  • Karin: „Nein. Weil du fährst und sich das Auto bewegt …“

Wobei ich wirklich zugeben muss, dass Oliver hervorragend fährt und dass ich mich extrem sicher fühle. Deshalb kann ich auch guten Gewissens manchmal die Augen zu machen.

Gleichzeitig sehe ich die Natur: Die monströsen Berge, die ihresgleichen suchen, die Eukalyptuswälder, die einen atemberaubenden Duft von sich geben, die niedlichen Esel am Straßenrand und die Kühe auf der Weide. Dann bin ich unendlich dankbar, für die Reise, für unsere Konstellation, meinen Mann, seine Fahrkunst, mein Leben, unser Glück.

Mit gibt das Denken im Jetzt viel Kraft. Das klappt auch zu 80%. Dann ist alles ganz einfach: Nicht die Angst vor dem Abgrund ist entscheidend, sondern Meter für Meter in der Gegenwart sein. Denn dann steht Shujaa gut auf der Straße, Oliver meistert die Serpentine und wir kommen unbeschadet weiter. Alles gut also!

Am Ende, als wir im Canyon ganz unten – neben einer breiten Straße – unter einem herrlich klaren und einmaligen Sternenhimmel saßen, konnte ich nur noch eins … mich bei Oliver bedanken. Alles wird relativ, nach solchen Erfahrungen und in Extremsituationen. Unstimmigkeiten, Missverständnisse, Unklarheiten, … alles ist nicht mehr so wichtig. Man erkennt das wirklich Relevante! Wir sind zusammen, leben, genießen eine einmalige Reise und sind beschwipst vom Leben, den Sternen und dem guten Wein.

Siehe auch ein Video dazu.

9 Kommentare

  1. Großes Kino! Bericht – Fotos und vor allem Video. Bringt Euer Abenteuer direkt in meine Küche! Mag Deinen Schreibstil, Karin! Genießt den Wein! Und das Leben…. Chinchin. Silke

    1. Danke Silke, das ist lieb und höre ich natürlich gerne. Chinchin!

  2. Toller Bericht und vor allem das Video ist sehr beeindruckend. Das mit den Abstandsangaben das ist doch ein generelles Kommunikationsproblem zwischen Männern und Frauen.. ein Kamerasystem mit Vogelperspektive kann da Abhilfe schaffen. Nach den ersten Monaten eurer Reise, was würdet ihr am Fahrzeug anders lösen?
    Würdet ihr wieder so groß kaufen oder Komforteinbußen hinnehmen zu Gunsten der Mobilität?

    Gruss. Hardy

    1. Hi Hardy,
      danke, danke 😉
      Das ist interessant, dass Du das heute fragst, denn gerade gestern haben wir darüber gesprochen. Nein, wir würden es tatsächlich wieder so machen. Wir haben ja schliesslich vorher lange überlegt und nun auch nach ein paar Monaten fragen wir uns immer wieder genau diese Frage. Klar die Straßen in dem Blog waren klein, aber wir haben es geschafft und wir kamen bisher noch nie an eine Stelle, wo wir durch wollten, die nicht geklappt hätte. Ds Quad ist superhilfreich und für kleinere Touren optimal, daher würden wir nicht darauf verzichten wollen. Ich hätte gerne ein Bett in Fahrtrichtung, aber das würde uns weiteren Platz und Größe fordern, also ist das auch Quatsch. Und eine Dunstabzugshaube wäre hilfreich, aber das ist eine Kleinigkeit, die können wir ich noch nachrüsten.
      Liebe Grüße
      Karin & Oliver

  3. Auch das Video zum Bericht ist klasse. Da steigt der Puls nur vom anschauen. Weiterhin alles Gute aus Forsbach. Lg Henning

  4. Das solltet Ihr häufiger so machen: telling the two sides of the story.😉

    Eure Berichte sind sehr schön und führen dazu, das wir Euch in Gedanken ein wenig begleiten können. Wir freuen uns auf die Fortsetzung!

    LG aus Frankfurt von Petra und Steffen

    1. Liebe Petra , lieber Steffen,
      freut uns zu hören, dass es Euch auch Spaß macht. Ja, das ist sicher spannend, aber irgendwie müssen wir uns ja die Arbeit teilen und die Bildbearbeitung ist auch nicht ohne, zeitmäßig. Schon mer mal …
      Liebe Grüße und hoffentlich bis bald
      Karin & Oliver

  5. Auch wenn ihr noch nie die Strecke gefahren seid, Shujaa war sicherlich schon mal da 😜.
    Wenn MAN(n) sich das Video anschaut wurde ja alles für die Dimensionen von Shujaa gebaut, rausegehauen und sogar die Brücken konstruiert, dass es passt.

    Liebe Grüsse aus der Schweiz

    1. So haben wir das noch gar nicht gesehen, aber stimmt 😉 hihi

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